Lebensraum Todesstreifen: 25 Jahre „Grünes Band Deutschland“
Grünes Band Deutschland bei Mackenrode in Thüringen, Foto: Klaus Leidorf
Die deutsche Teilung hat der Zauneidechse Glück gebracht. Die menschenverachtenden Maßnahmen des DDR-Regimes gegen ihre eigenen Bürger an der Grenze zu Westdeutschland waren für das Reptil ein Segen. Jahrzehntelang beschnitten Wachsoldaten hier Büsche und Hecken, um Flüchtlinge möglichst schnell sichten zu können – und schufen dem Kriechtier so unfreiwillig ideale Lebensbedingungen.
„Die Zauneidechse braucht für die Eiablage lockere, gute Böden und offene Bereiche für Sonnenbäder“, bestätigt der Biologe Holger Keil von der Heinz-Sielmann-Stiftung, der im „Grünen Band Deutschland“ bei Eichsfeld-Werratal ein Naturschutzprojekt betreut. Allein in diesem 130 Kilometer langen Abschnitt hat Keils Team 276 seltene Tiere und Pflanzen identifiziert, die teilweise auf der Roten Liste bedrohter Arten stehen. Darunter ist die Wildkatze, die Kleine Bartfledermaus, die Bachforelle oder das Tausendgüldenkraut.
Feuchtwiesen und Binnendünen
Nur rund 50 bis 200 Meter ist der Streifen des „Grünen Bandes“ breit, der sich 1.400 Kilometer durch Deutschland zieht. „Das ist ein einzigartiger Lebensraumverbund von der Ostsee im Norden bis ins bayerisch-sächsisch-tschechische Dreiländereck im Süden“, sagt Daniela Leitzbach. Sie koordiniert im Nürnberger „Projektbüro Grünes Band“ des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) entsprechende Vorhaben bundesweit.
Für Leitzbach besteht die Besonderheit des „Grünen Bandes“ vor allem darin, „dass es aus ganz vielen verschiedenen Lebensraumtypen besteht“. Seltene Sandmagerrasenflächen und Binnendünen finden sich hier ebenso wie Zwergstrauchheiden, Feuchtwiesen oder unberührte Waldbereiche, zum Beispiel im Harz.
So ist während der deutschen Teilung ein Rückzugsraum für seltene Tiere und Pflanzen entstanden, die sich mit intensiver Landwirtschaft oder großflächiger Bebauung nicht vertragen und deshalb in den Grenzstreifen ausgewandert sind: so wie das Braunkehlchen, das in Wiesen auf dem Boden brütet. Rund 1.200 bedrohte Arten sind es insgesamt.
Naturschutz: Bestand erhalten, Lücken schließen
Bis heute hat das „Grüne Band Deutschland“ mit Landbesitzern und Bauern zu kämpfen, die den Naturstreifen in wertvolle Nutzfläche verwandeln wollen. Hier ist Überzeugungsarbeit gefragt, aber auch Kompromissfähigkeit. Denn ein Teil des Gebiets muss sehr wohl landwirtschaftlich genutzt werden, um erhalten zu bleiben. Das betrifft vor allem Offenlandbereiche, die nicht überwuchert werden dürfen. „Ganz ohne Bewirtschaftung“, sagt Daniela Leitzbach, „geht es nicht“.
Noch weist das „Grüne Band Deutschland“ einige Lücken auf. 13 Prozent seiner Fläche sind momentan verbaut oder werden landwirtschaftlich genutzt. Derzeit läuft deshalb ein auf fünf Jahre angelegtes Projekt, das diese Lücken durch Ankäufe und Modellmaßnahmen schließen will.
Grünes Band Deutschland: Lebendiges Mahnmal deutsch-deutscher Teilung
Für die Zukunft wünscht sich Daniela Leitzbach „einen durchgängigen Biotopverbund, den die Menschen in ihrer ganzen Vielfalt erleben können“. Hierfür setzt sie auf einen „naturschonenden Tourismus“, der den ehemaligen Todesstreifen schon jetzt durch Wander- und Radwege erfahrbar macht. Aber sie wünscht sich auch, „dass das Grüne Band als lebendiges Denkmal des Friedens und der Demokratie in den Köpfen der Menschen verankert bleibt und auch in der jüngeren Generation nicht in Vergessenheit gerät“.
Denn das „Grüne Band Deutschland“ ist ja nicht nur ein einzigartiges Naturreservat. Mit seinen noch erhaltenen Wachtürmen, Betonblöcken, Grenzpfeilern und den neu eröffneten Grenzmuseen ist es auch ein Mahnmal für rund 40 Jahre deutsch-deutsche Geschichte.
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