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sobota, 1 czerwca 2013

Umweltökonomie: Wie Wirtschaftswissenschaftler Biodiversität in Zahlen fassen

Umweltökonomie: Wie Wirtschaftswissenschaftler Biodiversität in Zahlen fassen

 

Den Wert von Flora und Fauna in Geld zu berechnen, wird in der Forschung verstärkt zum Thema. Die Umweltökonomie entwickelt erste Modelle, um die Biodiversität und die Dienstleistungen von Ökosystemen in Geldsummen fassen zu können.
 
Man käme nicht sofort darauf, doch die Fragen haben es in sich: Wie viel Geld ist eigentlich die Leistung wert, die ein Wald erbringt? Und wie wertvoll ist die Arbeit von Honigbienen? Solche und andere Themen waren in der internationalen Umweltpolitik bisher eher unbedeutend, weil die Dienstleistungen der Natur ökonomisch lange kaum untersucht worden sind. Doch 2007 änderte sich das: Die G8-Staaten und die Europäische Union gaben bei UNEP, dem UN-Umweltprogramm, eine Studie in Auftrag. Sie sollte den Wert der Biodiversität des Planeten erfassen und die Dienstleistungen der Natur mit Preisen versehen. Seitdem spielt die Umweltökonomie mit ihrer neuen Perspektive auf Natur und Ökosysteme eine größere Rolle.
 

TEEB-Studie zu Umweltökonomie und Biodiversität
 
Die sogenannte TEEB-Studie (The Economics of Ecosystems and Biodiversity) wurde zwischen 2007 und 2010 durchgeführt, wobei noch immer Ergebnisse und Empfehlungen veröffentlicht werden. Vorbild für die Studie war der „Stern-Report“, in dem der britische Ökonom Nicholas Stern 2006 die Kosten eines ungebremsten Klimawandels erstmals berechnet hat. Die Frage nach den Kosten wird immer häufiger gestellt: Bei den UN-Klimaverhandlungen geht es etwa darum, wie Wälder in einem Klimavertrag berücksichtigt werden können. Die Umweltminister diskutieren diesbezüglich einen Waldschutz-Fonds: Aus ihm sollen Entwicklungsländer Geld erhalten, wenn sie ihre Wälder schützen, statt sie zur wirtschaftlichen Nutzung freizugeben. 

Immer geht es dabei um den bisher unterschätzten Wert, den ein Wald darstellt. Sein wirtschaftlicher Nutzen ist immens, wie auch die TEEB-Studie zeigt: Zwischen zwei und fünf Billionen Dollar Naturkapital verliert die Welt jedes Jahr durch Waldzerstörung. Nur 45 Milliarden Euro würde es hingegen kosten, den bedrohten Wald zu erhalten und damit die Kosten zu vermeiden.

Umweltökonomie: Die Dienstleistungen der Bäume
 
Die umweltökonomischen Studien zum Wert der Natur stehen noch am Anfang und sind auch nicht unumstritten. Denn es kommt stark darauf an, welche Faktoren die Forscher einberechnen. Anders gesagt: Es ist nicht genau klar, welche Leistungen ein Ökosystem erfüllt – gerade bei internationalen Fragestellungen wird es noch schwieriger. Deshalb gilt: Je kleiner das Ökosystem ist, desto genauer sind meist die Studien. Laut dem deutschen Umweltforschungszentrum (UFZ) ist zum Beispiel ein Hektar Stadtwald in Freiburg über einen Zeitraum von 100 Jahren fast 13.000 Euro wert. Denn der Wald leistet einiges: Er ist Luft- und Wasserfilter, CO2-Speicher, Holzlieferant und Arbeitgeber für Forstwirte.
 
Solche Überlegungen fließen in die Studien mit ein, die auch grundlegende Ergebnisse erbringen: Die Artenvielfalt steigert die Leistung eines Ökosystems. Und Flussmündungen sowie Mangrovenwälder sind besonders wertvolle Landschaftstypen, da Hochwasserschutz und Fischzucht hier besondere Leistungen des Ökosystems darstellen. Ein Beispiel: 1,1 Milliarden Dollar kostet der Erhalt von 12.000 Hektar Mangroven in Vietnam im Jahr. 7,3 Milliarden Dollar würde hingegen allein die Instandhaltung von Deichen kosten, die künstlichen Hochwasserschutz leisten. Die Investitionen für den Deichbau fließen in das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Vietnams ein. Der Beitrag der Mangroven wird aber nicht gutgeschrieben. Im Gegenteil: Die Zerstörung der Mangroven ermöglicht erst ein BIP-Wachstum – was ökologische Wirtschaftswissenschaftler kritisieren.

Vorsorgender Umweltschutz bei riskanten Projekten
 
Die Umweltökonomie wirbt für umweltbezogene Wachstumsindikatoren und ein neues Denken: Der US-Naturökonom Robert Costanza fordert, dass Firmen bei riskanten Projekten in einen Vorsorgefond einzahlen. Aus diesem fließt Geld an sie zurück, wenn keine oder nur geringe Schäden entstanden sind. Der Ölkonzern BP etwa hätte für die Ölbohrung im Golf von Mexiko mehr als ein Viertel seines Unternehmenswertes vorlegen müssen, schreibt Costanza in einem Aufsatz. „Was wäre die Reaktion gewesen? Entweder gar nicht zu bohren. Oder nach Wegen zu suchen, das Risiko zu reduzieren – also mehr Geld in Sicherheitstechnik zu investieren.“
 
So lässt sich anhand der Ölkatastrophe errechnen, wie sehr sich vorsorgender Umweltschutz zum Erhalt der Biodiversität auszahlen könnte. Dieses Gedankengut aus der Umweltökonomie ist noch jung und beeinflusst die politische Debatte bisher nur am Rande. Doch Beispiele wie die TEEB-Studie oder auch die aktuellen Klimaverhandlungen belegen, dass die Frage nach dem Wert der Natur immer öfter gestellt wird. Das kann ein neuer Schritt sein, mehr Bewusstsein für ihren Schutz zu schaffen, regional und global.
 

 

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